1412 n. Chr. / 5173
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- In Spanien werden Zugeständnisse von Rechten und Freiheiten davon abhängig gemacht, ob Jüdinnen:Juden zum Christentum konvertieren. Im Zuge dieses Zwangsentscheidung treten vier Fünftel der spanischen Jüdinnen:Juden zum Christentum über
1449 n. Chr. / 5210
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- Ein neues Gesetz in Toledo (Spanien) radikalisiert den bisher primär in der Religion begründeten Antijudaismus zur Frühform eines Proto-Antisemitismus.
- Das Gesetz besagt, dass Jüdinnen:Juden qua ihres Blutes auch nach dem Konvertieren jüdisch bleiben.
- Im Zuge dieser Wesensbestimmung über vermeintlich Blutlinien erfolgen Überprüfungen von Stammbäumen, denen abermals Ausschluss von Ämtern und Berufen folgt, von der auch „ehemalige“, zum Christentum konvertierte Jüdinnen:Juden betroffen sind
1492 n. Chr. / 5253
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- Im Zuge der sogenannten Reconquista wird am 2. Januar 1492 mit dem Ende der Belagerung von Granada der letzte muslimische Herrschaftsbereich auf europäischem Boden erobert und die iberische Halbinsel wieder unter christliche Vorherrschaft gestellt
- Am 31. März erlassen Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragón das Alhambra-Edikt (auch: Decreto de la Alhambra oder Edicto de Granada), das alle nicht bis zum 31. Juli des selben Jahres zum Christum übergetretenen Jüdinnen:Juden unter Androhung von Todesstrafe und Beschlagnahmung ihres Besitzes zur Verbannung aus Spanien zwingt
- Die spanische Inquisition stellt konvertierten oder zwangsgetauften, „ehemaligen“ Jüdinnen:Juden (Conversos) aufgrund ihres „jüdischen Blutes“ unter Generalverdacht. Die der Häresie bezichtigten und „überführten“ Conversos wurden häufig zum „Feuertod“ verurteilt und öffentlich auf Scheiterhaufen verbrannt
Quelle Bild: Kupferstich aus Matthaeus Raders “Bavaria Sancta”, in: Lotter, Friedrich (1955): Aufkommen und Verbreitung von Ritualmord- und Hosteinfrevelanklagen gegen Juden, in: Die Macht der Bilder, Antisemitische Vorurteile und Mythen, Wien, Seite 67
Quelle Bild: Schreckenberg, Heinz (1999): Christliche Adversus-Judaeus-Bilder, das Alte und Neue Testament im Spiegel der christlichen Kunst, Frankfurt am Main, S. 89
Quelle Bild: Buhrow, Tom (2020): WDR, 30. August 70 – Zerstörung des Tempels von Jerusalem, in: https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-zerstoerung-tempel-jerusalem-100.html, Stand 08.08.2024
Quelle Bild: Schreckenberg, Heinz (1999): Christliche Adversus-Judaeus-Bilder, das Alte und Neue Testament im Spiegel der christlichen Kunst, Frankfurt am Main, S. 40
1348 n. Chr. / 5109
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- Die Pest („Schwarzer Tod“) breitet sich in Europa aus, außerdem treten weitere Krisen wie massiven Ernterückgängen, hohe Getreidepreise, Landknappheit und Hungersnöte auf
- Diese Krisenzeit führte zu einer erhöhten Volksfrömmigkeit, mehr religiösem Fanatismus und der Suche nach einfach Erklärungen
- Zur Erklärung der Krise wurde – anschließend an die antijüdischen Mythen des Ritualmords und der Hostienschändung – die Vorstellung verbreitet, Jüdinnen:Juden würden systematisch Brunnen vergiften, um die christliche Bevölkerung zu dezimieren oder auszulöschen
- Die christliche Bevölkerung reagiert mit antijüdischen Pogromen, die sich – analog zur Verbreitung der Pest – von dem Mittelmeerhäfen im Süden in den Norden Europas aus
- Den „Pestpogromen“ fielen viele tausend Jüdinnen:Juden zum Opfer, die bedeutensten jüdischen Gemeinden auf dem Gebiet des heutigen Deutschland wurden ausgelöscht
- Erneut waren die lokalen Fürsten, die Jüdinnen:Juden den Schutz von Leib und Leben verbrieft hatten, nicht nachgekommen
1215 n. Chr. / 4976
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- Das vierte Laterankonzil, bei dem Verantwortliche der Christlichen Kirche in Rom gemeinsam über umstrittene religiöse Fragen beraten und entscheiden, verschärft diese antijüdischen Entwicklungen
- Es wird der Vorwurf des Wuchers verteidigt, die Kennzeichnung von Jüdinnen:Juden und der Ausschluss von Ämtern beschlossen sowie das Verbot erlassen, nach einer Taufe zum jüdischen Glauben zurückzukehren
- Ziel war eine Trennung von christlicher und jüdischer Bevölkerung
1224 n. Chr. / 4985
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- In verschiedenen kaiserlichen Urkunden werden die Rechte von Jüdinnen:Juden, die ihnen 1090 und 1103 zugesichert worden sind, bestätigt
- Der Sachsenspiegel, ein historisch wichtiger Rechtstext, verurteilt antijüdische Gewalt und setzt Enthauptung als Strafe fest; allerdings nur, wenn die angegriffenen Jüdinnen:Juden unbewaffnet waren
- Der verbriefte Schutz von Jüdinnen:Juden bedingte aber, dass sie keine Waffen tragen durften. Damit wurde ihr soziales Prestige weiter abgesenkt, da nur der waffenfähige Mann von der Rechtsordnung voll anerkannt wurde
1235 n. Chr. / 4996
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- Am 28. Dezember kommt es zu einem Pogrom in Fulda, bei dem 32 der dort ansässigen Jüdinnen:Juden ermordet werden
- Anlass war der, auf die verbreitete Ritualmordlüge zurückzuführende Beschuldigen zweier Juden, die fünf Kinder eines Müllers ermordet und ihr Blut abgefüllt zu haben
1240 n. Chr. / 5001
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- In Frankreich setzt Ludwig der Heilige erstmal die antijüdischen Vorgaben des vierten Laterankonzilsvon 1215 um. Jüdinnen:Juden müssen einen gelben Ring als Erkennungszeichen tragen, unterliegen Versammlungsbeschränkungen und Berufsverboten
1287 n. Chr. / 5048
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- Nach dem ungeklärte Tod eines Jugendlichen mit Bezug auf die Ritualmordlüge im rheinischen Bacharach wird die jüdische Gemeinde des Ortes zerstört, die Jüdinnen:Juden der Stadt werden ermordet oder vertrieben
- Die antijüdische Gewaltwelle greift auf Städte im Mosel, Niederrhein- und Niederrheingebiet über
1290 n. Chr. / 5051
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- In Paris erfolgt die erste Hostienschändungsprozess
- Der „Hostienfrevel“ wirft Jüdinnen:Juden vor, sich geweihte, das beim letzten Abendmal verwendete Brot symbolisierende Hostien zu beschaffen und zu zerstören, um die Kreuzigung Jesu zu wiederholen
- Wie die „Ritualmordlüge“ und der „Gottesmordvorwurf“ behauptet auch der „Hostienfrevel“, dass Jüdinnen:Juden in ihrer religiösen Praxis zwanghaft antichristlich handeln würden
- Der Pariser Prozess warf einem Juden vor, eine Hostie von einer Christin gekauft und in ihrem Beisein geschändet zu haben, woraufhin die Hostie Blut vergossen haben und weggeflogen sein. Der Angeklagte wird auf dem Scheiterhaufen verbrannt
1298 n. Chr. / 5059
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- Zwar finden der Hostienschändungsprozess über Frankreich hinaus kaum Anklang, breitet sich aber im Süden des heutigen Deutschland aus und fordert innerhalb weniger Monate in über hundert Städten und Orten mehr als 5000 jüdische Opfer
Zum Ende des Jahrhundert werden Jüdinnen:Juden zunehmend aus England, Frankreich und Deutschland vertrieben und leben für die nächsten Jahrhunderte nicht mehr deutlich sichtbar in Westeuropa. In christlichen Rechtstexten, Passionsspielen, Theologie und Philosophie werden Sie trotzdem immer wieder aufgegriffen
1103 n. Chr. / 4864
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- Als Reaktion auf diese Pogrome und dem Versagen der lokalen Fürsten bei der Durchsetzung des 1090 verbrieften Schutzes von Jüdinnen:Juden durch lokale Fürsten nimmt Kaiser Heinrich der IV. die jüdische Bevölkerung des Heilige Römischen Reiches in den allgemeinen Landfrieden auf
- Jüdinnen:Juden besaßen zwar die ihnen 1090 zugestandenen Rechte, wurden aber zugleich in den Rechtsstatus der Kammerknechtschaft gezwungen. Jüdinnen:Juden werden zum wirtschaftlichem Besitz, letztlich zu Sklav:innen (Kammergut) des Kaisers uneingeschränkt ausbeutbar
1144 n. Chr. / 4905
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- In Norwich (England) wird der 12-jährige William unter ungeklärten Umständen ermordet aufgefunden.
- Christliche Geistliche verbreiten die Lüge, dass Jüdinnen:Juden den Jungen entführt und ermordet hätten
- Die Hetzer behaupten, der Mord habe am 22. März 1144 stattgefunden, dem zweiten Tag des Pessachfestes und zugleich dem christlichen Karmittwoch, dem Tag, der in christlicher Tradition mit dem vermeintlichen Verrat an Jesus durch Judas Iskariot in Verbindung gebracht und als Unglückstag beschrieben wird
- Die christlichen Hetzer behaupten außerdem, die beschuldigten Jüdinnen:Juden hätten Williams Blut für das Backen von Mazzen verwendet.
- Es entsteht die bis heute in antisemitischen Verschwörungserzählungen wirkmächtige Lüge vom Ritualmord
Ab ca 1160 n Chr. / 4921
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- Jüdinnen:Juden werden in der christlichen Kunst zunehmend mit bestimmten, stereotypen Körpermerkmalen und Kleidungsstücken dargestellt: Dazu gehören etwa eine krumme Nase, eine kleinere, „degenerierte“ Körpergröße, dunklere Haut und verschlagener Blick oder der der sogenannte „Judenhut“
Ab ca. 1179 n Chr. / 4940
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- Mit gesellschaftlichem und ökonomischem Fortschritt, zunehmender Konzentration von Reichtum in den Händen der (christlichen) Herrscher und enormen Bevölkerungswachstum verschärfte sich zugleich auch die ökonomische Situation vieler Menschen
- Kleinere Gewerbe konnten sich ohne das Aufnehmen von Krediten kaum halten, durch die Ausnahme vom Zinsverbot werden vor allem Jüdinnen:Juden für die Verschärfung verantwortlich gemacht, zunehmend Beleidigung und Verfolgung ausgesetzt
- Zwar galt das Nehmen von Zinsen in allen monotheistischen Religionen lange als verboten, Jüdinnen:Juden war es allerdings prinzipiell gestattet, Zinsen von Menschen anderer Religionen zu verlangen
- Während Christ:innen bei Verstoß gegen dieses Verbot die Exkommunikation drohte, gestattete Papst Alexander III. Jüdinnen:Juden explizit das Zinsgeschäft
- Dem Fakt zu Trotz, dass nur wenige ihr Auskommen tatsächlich über Geldverleih erwirtschafteten und viele Jüdinnen:Juden durch die zuvor von der christlichen Obrigkeit verfügten Berufs- und Besitzverbote in Armut lebten, entwickelte sich das antijüdische Stereotyp des reichen, habgierigen und betrügerischen „Geldjuden“ oder „Wucherers“. Theologisch konnte an den Verrat an Jesus durch Judas Iskariot angeknüpft werden
1066 n. Chr. / 4837
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- In Granada im islamischen Herrschaftsgebiet al-Andalus findet das erste Pogrom auf europäischem Boden statt.
- Ein muslimischer Mob stürmte den Königspalast und kreuzigten den jüdischen Wesir.
- Dass Jüdinnen:Juden der Dhimma entsprechend keine öffentlichen Ämter bekleiden durften, wird als Auslöser betrachtet, gegen die jüdische Bevölkerung der Stadt gewaltsam vorzugehe
1090 n. Chr. / 4851
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- Die von Kaiser Heinrich IV. stellt das erste Schutzprivileg für Jüdinnen:Juden aus und stellt sie somit unter besonderen Schutz lokaler Fürsten
- Er währte ihnen Schutz von Leben und Eigentum, freie wirtschaftliche Betätigung und Religionsausübung sowie Autonomie der Gemeinden bei innerjüdischen Rechtsangelegenheiten, Verbot von Zwangstaufen und verbindliche Regelungen in interreligiösen Rechtsstreitigkeiten
- Dabei ging es Heinrich aber keinesfalls um christliche Nächstenliebe oder den persönlichen Schutz von Jüdinnen:Juden, sondern um ökonomische Gründe. Er befürchtete, dass durch Pogromen jüdisches Vermögen geplündert werden könnte und so deren Steuerabgaben nicht den jeweiligen Territorialherren zukommen würde.
1095 n. Chr. / 4856
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- Papst Urban II. ruft zum Kreuzzug auf, um Jerusalem zurückzuerobern, das kurz zuvor unter islamische Herrschaft gebracht wurde
- Das Töten aller vermeintlichen Feinde wird erlaubt
- Christliche Prediger hetzen unter Bezug auf den Mythos des „Gottesmords“ auch gegen Jüdinnen:Juden als „schlimmste Feinde“ Gottes innerhalb der christlich geprägten Gesellschaften Europas
1096 n. Chr. / 4857
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- Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands kommt es zu den ersten Pogromen im sogenannten „christlichen Abendland“
- Unter dem antijüdischen Motto „Taufe oder Tod“ wendeten christliche Kreuzritter auf dem Weg nach Jerusalem systematisch Gewalt gegen Jüdinnen:Juden an oder zwangen sie zum Konvertieren
825 n. Chr. / 4586
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- Unter Ludwig dem Frommen, Sohn von Karl dem Großen, erhalten Jüdinnen:Juden Zugeständnisse. Sie werden von Zöllen auf ausländische Sklav:innen befreit, ihnen wird erlaubt, christliche Dienstboten zu beschäftigen und ihnen der Schutz von Anfeindungen, Bedrohungen und Gottesurteilen, also der Verurteilung aufgrund vermeintlich übernatürlicher Zeichen als Entscheidungshilfe bei Rechtsstreitigkeiten