Judenfeindliches Mosaik Ecclesia & Synagoga, röm.-kath. Heilig-Kreuz-Kirche, Dortmund

Beschreibung

Die römisch-katholische Heilig-Kreuz-Kirche in Dortmund wurde 1916 errichtet und ist Namensgeberin des sie umgebenden Kreuzviertels. Neben der Kirchengemeinde ist hier auch die Katholische Hochschulgemeinde Dortmund beheimatet. Vermutlich wissen aber nur wenige Bewohner:innen des beliebten Wohnviertels in der südlichen Innenstadt Dortmunds, dass die zentrale Kirche öffentlich sichtbar über dem Eingang ein judenfeindliches Mosaik präsentiert.

Das Tympanon des Haupteingangs der Kirche beinhaltet ein Buntglas-Mosaik, auf dem das Motiv der Ecclesia und Synagoga abgebildet ist. Ecclesia und Synagoga sind zwei Frauenfiguren, welche jeweils das Christentum und das Judentum verkörpern sollen und dabei die vermeintliche Überlegenheit des Christentums über das Judentum abbilden. Sie sind auch eine visuelle Darstellung der Substitutionstheologie: Gott habe das Volk Israel seit der Kreuzigung Jesu Christi verworfen und verflucht, seine Erwählung Israels, seinen Bund mit diesem Volk und die ihm geschenkten Verheißungen aufgehoben und sie stattdessen auf die christliche Kirche als neues Volk Gottes übertragen.

Dieses Motiv findet sich seit Jahrhunderten an vielen sakralen Bauten in unterschiedlichen Formen, doch die Aussage ist immer die Gleiche: Das Judentum sei dem Christentum unterlegen und eine falsche Religion. Letztendlich drückt das Motiv christliche Verachtung und Feindschaft gegenüber dem Judentum aus und und begründet diese gleichzeitig. 

Judenfeindliche Konsolfigur (A), Kirche Mariä Heimsuchung, Warburg (Altstadt)


Das Mosaik an der Heilig-Kreuz-Kirche ist aufgrund seiner Entstehungszeit vergleichsweise modern gestaltet. In der Mitte ist Jesus Christus vor einem blauen Kreuz zu sehen. Links von ihm befindet sich Ecclesia, rechts von ihm Synagoga. Ecclesia wird als Frau mit erhobenem Haupt und einer Krone als Herrschaftszeichen dargestellt, sie wendet sich Jesus zu. In ihren Händen hält sie mit dem Kelch ein Symbol des Christentums, den sie Jesus entgegenstreckt. Ihr Kopf wird zudem von einem Heiligenschein umschlossen, was sie optisch mit Jesus verbindet. Damit soll Ecclesia die herrschende, würdige und rechtmäßige Religion symbolisieren.

Synagoga auf der anderen Seite von Jesus wird mit verbundenen Augen und gebrochenem Stab dargestellt. Die Augenbinde soll das Judentum als „blinde Religion“ charakterisieren, die Jesus Christus nicht als Messias anerkennen will. Der zerborstene Stab verkörpert ein entwertetes Herrschaftssymbol. Die Figur wendet sich gekrümmt von Jesus ab und wird insgesamt als schwache und geschlagene Frau gezeigt, die gegen die Ecclesia nicht besteht und keinen Bund mit Jesus eingehen kann. Das Judentum erscheint damit als minderwertig, blind und unterlegen.

Gestaltet wurde das Mosaik durch den Glasmaler Wilhelm Heinrich Jansen aus Trier. Über ihn ist nicht viel bekannt, jedoch hat er an mehreren Kirchen zu dieser Zeit Glasfenster hergestellt. Lange Zeit blieb das prominent gezeigte Mosaik scheinbar unbeachtet und wurde erst in den letzten Jahren vereinzelt kritisiert. Anfang 2022 hat die Gemeinde am Haupteingang der Kirche eine kleine Tafel mit einem QR-Code angebracht, dessen Link auf eine Webseite mit weiterführenden Informationen zu dem Mosaik verweist. Auf der Tafel selbst wird das Mosaik jedoch nicht kommentiert oder eingeordnet.

Der über den QR-Code erreichbare Text zu dem Mosaik erläutert kurz das geschichtliche Verhältnis zwischen Christentum und Judentum sowie die damit zusammenhängende Substitutionstheologie. Er nimmt Bezug auf den antijüdischen Vorwurf des Gottesmordes und das daraus entstandene Motiv der Ecclesia und Synagoga und macht zudem deutlich, dass zur Zeit der Gestaltung des Mosaiks „der Antisemitismus in Deutschland weit verbreitete Geisteshaltung“ war. Da spätestens seit dem 2. Vatikanischen Konzil 1965 die katholische Kirche einen klaren Bruch mit der Substitutionstheologie vollzogen hat, sei das Bild heute aber als „anstößig“ zu begreifen.1

Warum eine Hinweistafel allerdings erst 57 Jahre später angebracht wurde, thematisiert die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund in einem kurzen Beitrag auf Facebook zu dem Mosaik. Dort wird zudem die Frage gestellt, ob das judenfeindliche Mosaik an einem Gotteshaus zu sehen sein sollte oder ob es eher in ein Museum gehöre. Die Meinungen dazu gehen auseinander, in Dortmund steht die Debatte hierzu jedoch erst am Anfang.2


Fußnoten

1 vgl. Katholische Kirchengemeinden in Dortmund-Mitte-Südwest (07.01.2022): Ein anstößiges Bild, Zum Mosaik über dem Haupteingang der Kreuzkirche, in: https://www.pv-mitte-südwest.de/kirchen-einrichtungen/kreuzkirche/mosaik-hl-kreuz/, Stand: 23.8.2023

2 vgl. GCJZ Dortmund (11.7.2022), in: Facebook, in: https://www.facebook.com/gcjzdortmund/posts/pfbid0pqFgCY8dv86WxZzfWiPo8sb2igcwDLzU7muYPVrKdTJvML3E6kT552xoStgXBMZDl?locale=de_DE), Stand: 23.8.2023

Bildergalerie