Judenfeindliche Kirchenfenster Ecclesia & Synagoge, röm.-kath. Kirche St. Lukas, Lichtenfels (Sachsenberg)

Beschreibung

Zwei Fenster im Eingangsbereich der St. Lukas Kirche in Sachsenberg, die im Jahr 1962 errichtet und 1963 eingeweiht wurde, enthalten eindeutig judenfeindliche Darstellungen. Sie sind als Ecclesia und Synagoge bekannt – zwei allegorische Figuren, die dazu dienen, die vermeintliche Überlegenheit des Christentums über das Judentum abzubilden. So sind diese Fenster eine visuelle Darstellung der Substitutionstheologie: Gott habe das Volk Israel seit der Kreuzigung Jesu Christi verworfen und verflucht, seine Erwählung Israels, seinen Bund mit diesem Volk und die ihm geschenkten Verheißungen aufgehoben und sie stattdessen auf die christliche Kirche als neues Volk Gottes übertragen. Dies lässt sich bereits bei Tertullian gegen Ende des zweiten Jahrhunderts nachweisen.

Judenfeindliche Konsolfigur (A), Kirche Mariä Heimsuchung, Warburg (Altstadt)

Ecclesia, auf dem rechten der beiden Fenster, wird als Frau mit erhobenem Haupt und einer Krone dargestellt. In ihren Händen hält sie mit Kelch und kreuzförmigen Stab zwei zentrale Symbole des Christentums, die beide unmittelbar auf Jesus Christus verweisen. In dieser Darstellung soll Ecclesia die herrschende, würdige und rechtmäßige Religion symbolisieren. Gleichzeitig steht sie für die Kirche selbst.


Synagoge, auf dem linken Fenster, wird mit verbundenen Augen und gebrochenem Stab dargestellt. Durch die abgebildeten Gesetzestafeln wird verdeutlicht, dass es sich hier um die Darstellung des Judentums handelt. Ihre verbundenen Augen symbolisieren eine dem Judentum unterstellte Blindheit, den wahren Glauben und den Messias in Gestalt von Jesus Christus zu erkennen. Deshalb habe Gott seinen Bund mit den Juden aufgekündigt und auf die Kirche als neues erwähltes Volk übertragen, was durch den gebrochenen Stab als entwertetes Herrschaftssymbol sowie die Spitzen einer abgesetzten und am Boden liegenden Krone am unteren Rand des Fensters dargestellt wird.

Diese Darstellungen sind ein Zeugnis für eine Jahrhunderte alte Tradition von religiös motivierter Feindschaft gegenüber Juden und dienen als Ursprung für den modernen Antisemitismus. Auch nach dem Ende der Shoah und in einer Zeit zunehmender Neubewertung des Verhältnisses zum Judentum durch christliche Theologen ist die Figur der Synagoge mit dem zerbrochenen Stab nicht nur in der Kirche St. Lukas in Sachsenberg noch anzutreffen. Man findet sie beispielsweise auch am Hochaltar des Passauer Doms (1947–1953), auf einem Glasfenster der Kirche Namen Jesu in Wien (1950) oder auf dem Ambo im Mönchengladbacher Münster (1991).

Bildschirmfoto, Quelle: Dekanat Waldeck: Kirche Sachsenberg, in: https://www.dekanat-waldeck.de/12141-Korbach/12148-St.-Michael-Hillershausen/12181-Kirche-Sachsenberg.html, Stand: 18.8.2023

Bemerkenswert ist, dass Abbildungen der hier besprochenen Fenster der Kirche St. Lukas, gemeinsam mit einem dritten, den Erzengel Michael zeigenden Fenster, bis vor kurzem noch auf der Internetseite des Dekanats Waldeck zu finden waren. Dies jedoch ohne jede Form der Kontextualisierung oder gar einer Distanzierung von der darin gezeigten Judenfeindlichkeit.1 Inzwischen wurden diese Bilder von der Webseite entfernt.

Fußnoten

1 vgl. Dekanat Waldeck: Kirche Sachsenberg, in: https://www.dekanat-waldeck.de/12141-Korbach/12148-St.-Michael-Hillershausen/12181-Kirche-Sachsenberg.html, Stand: 18.8.2023

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