Etwas mehr als zwei Monate nach der Veröffentlichung der Internetseite spuren-sichtbar-machen.de wollen wir einen Blick auf die Nutzung der Seite und die Reaktionen darauf werfen. Schauen wir zunächst auf die Zahlen:
In den ersten zwei Monaten wurde das Projekt spuren-sichtbar-machen.de von etwa 600 Personen angesehen. Diese 600 Personen haben sich durchschnittlich fünf Beiträge angesehen. Am häufigsten wurde der Beitrag über die judenfeindliche Konsolfigur im unteren Turmraum der Kirche Mariä Heimsuchung in Warburg gelesen. Das Projekt wird überwiegend in Deutschland wahrgenommen, es gibt allerdings auch Aufrufe aus Österreich, Rumänien, Israel, Chile und den USA.
Nicht gerechnet hatten wir mit der hohen Anzahl der uns über die implementierte Meldefunktion gemeldeten Objekte: Insgesamt wurden uns in den ersten zwei Monaten 123 Objekte gemeldet. Diese Zahl ist bereits um Doppelmeldungen identischer Objekte bereinigt. Etwas mehr als 50 Prozent dieser Objekte befinden sich in NRW. Knapp 30 Prozent verteilen sich auf das restliche Bundesgebiet. Der Rest der Meldungen (18,5%) bezieht sich auf Objekte in anderen Ländern Europas. Wir vermuten, dass die überproportionale Meldung von Objekten in NRW ein Hinweis darauf ist, dass unser Projekt hauptsächlich in NRW wahrgenommen wird.
Die gemeldeten Objekte kann man in verschiedene Gruppen einteilen: Da sind zunächst solche Objekte, die auf den ersten Blick als judenfeindlich eingestuft werden müssen. Bei den wenigsten findet man vor Ort bereits Formen der Kontextualisierung und/oder Distanzierung. Zwei positive Ausnahmen haben wir mit der ersten Erweiterung der Seite am 25.5.2023 aufgenommen. Diese wurde bewusst ausgewählt, denn bei den Objekten in Büren und Lemgo handelt es sich aus unserer Sicht um Best-Practice-Beispiele, die Besitzerinnen und Besitzern vergleichbarer Objekte ein Beispiel sein können.
Eine zweite Gruppe von Objekten bedarf Erläuterungen, um die sich darin verbergende judenfeindliche Botschaft zu verstehen. Es gibt aber auch Objekte, die nach unserer vorläufigen Einschätzung keinen judenfeindlichen Inhalt transportieren. Leider sind diese in der Minderzahl.
Die hohe Zahl der Meldungen erfordert eine Konzentration bei deren Bearbeitung. Der Schwerpunkt der Arbeit der Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit liegt bei der Beratung und Unterstützung von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen. Projekte wie spuren-sichtbar-machen.de müssen dahinter zurücktreten. Jedes gemeldete Objekt erfordert umfangreiche Recherchen inklusive der Sichtung vor Ort und der Diskussion der Objekte mit Expertinnen und Experten. Diese Recherchen beinhalten auch die Kontaktaufnahme mit den Besitzerinnen und Besitzern der Objekte.
Vor diesem Hintergrund haben wir entschieden, hauptsächlich Objekte in NRW bzw. auf dem Gebiet der hauptsächlich in NRW befindlichen Bistümer und Landeskirchen aufzunehmen. Als Ziel haben wir uns gesetzt, monatlich eine weitere Spur zu veröffentlichen. Zusätzlich werden wir in unregelmäßigen Abständen weiterführende Beiträge veröffentlichen, die sich objektübergreifend mit der Thematik befassen. Ein erster solcher Beitrag ist der Artikel “Red Flag: Der Judenhut”.
Inhaltlich erleben wir eine große Spannbreite bei den Rückmeldungen zu diesem Projekt. Sie reichen von Zuspruch und Dankbarkeit dafür, dass wir uns dieser Thematik annehmen bis zu offen antisemitischen Anfeindungen, wobei die positiven Feedbacks erheblich überwiegen. Beides betrachten wir als Beleg dafür, dass die Arbeit an spuren-sichtbar-machen.de erforderlich ist und fortgesetzt werden muss.