Der brennende Judas – Antisemitisches Osterbrauchtum in Nordrhein-Westfalen

Kein Objekt im materiellen Sinn, aber dennoch eine Spur judenfeindlicher Einstellungen ist der in vielen Regionen weltweit gängige Brauch, zu Ostern eine Judaspuppe zu verbrennen. Dieser Brauch begegnet uns auch in Westfalen. In einer Broschüre für die SABRA (Antidiskriminierungsberatungstelle in Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf) von 2021 konnten sieben bzw. fünfzehn Belegorte aus dem Landkreis Olpe bzw. dem Märkischen Kreis für das 21. Jahrhundert ausfindig gemacht werden. Vereinzelt findet sich der Brauch auch in anderen westfälischen Regionen. Dabei ist die Ausgestaltung immer dieselbe: Am Ostersonntag wird ein Scheiterhaufen aufgerichtet, auf dem eine Puppe oder ein Baumstamm angebracht und verbrannt werden. Diese Puppe oder dieser Stamm werden in der Regel, wenn auch nicht immer, mit Judas Iskariot identifiziert, dem biblischen Verräter Jesu. Der Brauch trägt den schlichten Titel „Osterfeuer“ oder im niederdeutschen Dialekt „Poskefuier“, in unterschiedlichen Schreibweisen. Allerdings wird längst nicht auf jedem Osterfeuer eine Judaspuppe verbrannt.

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Antisemitische Darstellungen auf Kreuzwegstationen, röm-kath. Pfarrei St. Georg, Paderborn (abgehängt)

Beschreibung

Über die Meldefunktion von spuren-sichtbar-machen.de wurden wir im Juni 2023 auf Kreuzwegbilder in der Kirche St. Georg in Paderborn aufmerksam gemacht. Eine Sichtung der Objekte zeigte, dass Figuren darauf unter anderem an im Nationalsozialismus verwendete Darstellungsformen von Jüdinnen:Juden erinnern. Diesen ersten Befund teilte spuren-sichtbar-machen.de im noch im selben Monat dem Generalvikariat des Erzbistums Paderborn (Glaube im Dialog) mit.

Ende August 2023, zum Abschluss der Recherche, nahmen wir vor Veröffentlichung des inzwischen vorbereiteten Beitrags auf spuren-sichtbar-machen.de erneut Kontakt mit dem Generalvikariat des Erzbistums Paderborn (Glaube im Dialog) auf. Dieses informierte den zuständigen Pastoralverbund Paderborn Nord-Ost-West. Pastor Thomas Bensmann tat darauf in seiner Funktion als stellvertretender Leiter des Pastoralverbunds das aus antisemitismuskritischer Sicht Richtige: Er hängte die Bilder bis zur Klärung des weiteren Umgangs damit ab und informierte die Gemeinde sowie die zuständigen Gremien darüber, dass hier entsprechender Klärungs- und Handlungsbedarf besteht. Deshalb ist dieser Beitrag unser erster Beitrag ohne Abbildung der Objekte. Bei der ersten Sichtung vor Ort hatten wir Aufnahmen erstellt. Es wäre jedoch absurd, die in St. Georg nun endlich beendete Darstellung von rassistischer Judenfeindlichkeit hier zu reproduzieren.

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Judenfeindliches Mosaik Ecclesia & Synagoga, röm.-kath. Heilig-Kreuz-Kirche, Dortmund

Beschreibung

Die römisch-katholische Heilig-Kreuz-Kirche in Dortmund wurde 1916 errichtet und ist Namensgeberin des sie umgebenden Kreuzviertels. Neben der Kirchengemeinde ist hier auch die Katholische Hochschulgemeinde Dortmund beheimatet. Vermutlich wissen aber nur wenige Bewohner:innen des beliebten Wohnviertels in der südlichen Innenstadt Dortmunds, dass die zentrale Kirche öffentlich sichtbar über dem Eingang ein judenfeindliches Mosaik präsentiert.

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Judenfeindliche Skulpturen, ev.-luth. Kirchengemeinde St. Marien, Lemgo

Beschreibung

Seit der Veröffentlichung der Seite spuren-sichtbar-machen.de mit zunächst vier judenfeindlichen Objekten im Kreis Höxter am 27.3.2023 wurden der ada.kreis-höxter innerhalb eines Monats über hundert weitere Spuren gemeldet. Bei fast allen dieser Spuren christlicher Judenfeindschaft fand bis heute keine Kontextualisierung statt. Die Kirche St. Marien in Lemgo im Kreis Lippe ist hier eine positive Ausnahme.

Insgesamt finden sich zwei judenfeindliche Skulpturen in St. Marien zu Lemgo. Eine der Figuren ist Teil eines Paares im westlichen Atrium der Kirche. Vom Altar aus zur Linken befindet sich eine sogenannte “Judensau”. Vom Altar aus zur Rechten ist eine weitere Figur zu sehen, die als thronender Christus interpretiert werden kann.1 Eine weitere judenfeindliche Sandsteinfigur befindet sich vom Altar aus links an einer Säule, die auch die Kanzel der Kirche trägt.

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Judenfeindliche Inschrift, röm.-kath. Sakramentskapelle Corpus Christi, Büren

Beschreibung

Seit der Veröffentlichung der Seite spuren-sichtbar-machen.de mit zunächst vier judenfeindlichen Objekten im Kreis Höxter am 27.3.2023 wurden der ada.kreis-höxter innerhalb eines Monats über hundert weitere Spuren gemeldet. Bei fast allen dieser Spuren christlicher Judenfeindschaft fand bis heute keine Kontextualisierung statt. Die Sakramentskapelle in Büren im Kreis Paderborn ist hier eine positive Ausnahme.

Die lateinische Inschrift über dem Portal besagt, dass der Paderborner Domprobst Freiherr von Asseburg den Bau errichten ließ, „zu Ehren des ehrwürdigen Sakraments und zur Wiederbelebung der Erinnerung an das eucharistische Wunder, welches an dieser Stelle gegen die Juden im Jahr 1337 vollbracht wurde“. Gemäß einer Verleumdung, die bis ins 20. Jahrhundert mündlich und schriftlich überliefert wurde, soll ein jüdischer Bewohner dieser Gegend eine christliche Magd dazu verleitet haben, ihm eine konsekrierte Hostie zu bringen. Die Hostie, die daraufhin von dem Juden entweiht worden sein soll, habe zu bluten begonnen. Der Frevel soll entdeckt und die Beschuldigten sollen bestraft worden sein.1

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Offene Fragen zu Abbildung mit Judenhut am Tympanon der röm.-kath. Pfarrkirche St. Marien, Steinheim

Beschreibung

Seit der Veröffentlichung der Seite spuren-sichtbar-machen.de wurden uns über 120 weitere Spuren gemeldet. Einige davon sind offensichtlich als judenfeindlich zu interpretieren. Andere nicht. Und es gibt Spuren, bei denen wir feststellen müssen, dass sich die Frage nach in den Werken verborgener Judenfeindlichkeit(en) beim derzeitigen Stand der Forschung nicht abschließend beantworten lässt, es jedoch Indizien gibt, dass es sich um judenfeindliche Inhalte handeln kann. Hierzu gehört das Tympanon des südlichen Portals der Pfarrkirche St. Marien in Steinheim. Bei der ikonographischen Deutung des Objekts wurden wir unterstützt von Prof. Dr. Ulrike Heinrichs (Universität Paderborn) und Prof. Dr. Thomas Weigel (Universität Münster). Ohne diese Unterstützung wäre dieser Beitrag nicht möglich gewesen. Vielen Dank!

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Judenfeindliche Kirchenfenster Ecclesia & Synagoga, röm.-kath. Kirche St. Elisabeth, Warburg (Rimbeck)

Blick auf St. Elisabeth, Warburg (Rimbeck)

Beschreibung

Zwei Kirchenfenster in der zwischen 1904 und 1905 gebauten Rimbecker Pfarrkirche St. Elisabeth sind eindeutig als judenfeindliche Darstellungen christlicher Theologie zu identifizieren: Ecclesia und Synagoga, zwei allegorische Figuren, welche eine christliche Überlegenheit gegenüber dem Judentum kennzeichnen sollen. Eine Überlegenheitsphantasie, die sich schon bei Tertullian nachweisen lässt.

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Judenfeindliche Konsolfigur am ehemaligen Dominikanerkloster, Warburg (Altstadt)

Beschreibung

Relativ gut sichtbar ist die judenfeindliche Konsolfigur am Mittelbau des ehemaligen Dominikanerklosters vom Brüderkirchhof aus, südlich der Kirche Maria im Weinberg. Sie wird zusammen mit anderen Merkmalen des Baus zur Bestimmung der Entstehungszeit des Gebäudeteils im 14. Jahrhundert herangezogen. Es handelte sich um den Hauptbau des Ordens mit Repertorium und Dormitorium. 1949 wurde hier auf einer Mauer eine Leuchte zum Gedenken an zwei Abiturienten des heute in dem Gebäude befindlichen Gymnasium Marianum installiert, die beide aufgrund ihres Widerstandes im Nationalsozialismus ermordet wurden.1 Ein Hinweis auf die judenfeindliche Skulptur am Gebäude fehlt bis heute.

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Judenfeindliche Konsolfigur im unteren Turmraum der röm.-kath. Kirche Mariä Heimsuchung, Warburg (Altstadt)

Judenfeindliche Konsolfigur (A), Kirche Mariä Heimsuchung, Warburg (Altstadt)

Beschreibung

Drolerien an westlichen Portalen von Kirchen des 13. und 14. Jahrhunderts werden häufig als Abwehrzauber gegen das Böse interpretiert. Die genaue Funktion solcher Figuren ist strittig. Allen Deutungsansätzen gemeinsam ist, dass derartige Wesen dem Bereich des Unheiligen, des Bösen, der Sünde etc. zugeordnet werden. Im unteren Turmraum der Kirche Mariä Heimsuchung in Warburg (Altstadt) verkündet eine von vier Konsolfiguren seit über 700 Jahren Judenhass.

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Judenfeindliche Inschriften auf zwei Kreuzwegstationen, Willebadessen

Weg zur St.-Vitus-Kapelle, Willebadessen

Beschreibung

Kreuzwege veranschaulichen den Leidensweg Jesu Christi ausdrucksvoll in Bildern und Texten. Sie befinden sich in beziehungsweise bei beinahe jeder katholischen Kirche und symbolisieren die Leidensstationen Jesu Christi von seiner Verurteilung bis zur Kreuzigung.

Seit 1859 existieren die Kreuzwegstationen entlang des Weges zur Vitus-Kapelle, die bereits Ende des 17. Jahrhunderts errichtet wurde. Alljährlich wird die Vitus-Kapelle an Karfreitag und am Fest des heiligen Vitus im Juni zum Zielpunkt von Prozessionen, an denen sich mehrere hundert Personen beteiligen. Der Prozessionsweg führt vorbei an zwei Stelen mit judenfeindlichen Inschriften. Die Schmähverse tradieren Vorstellungen über Juden als Christusmörder. Juden werden als Kollektiv für das Martyrium Jesu Christi verantwortlich gemacht.

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